Während der 21 Etappen der Tour de France müssen die Fahrer täglich zwischen 5.000 und 8.000 Kalorien zu sich nehmen, um genügend Energie für die Anstrengungen zu haben. Und das Frühstück ist eine entscheidende Gelegenheit, um wichtige Kohlenhydrate aufzunehmen. Doch die Tour-Fahrer manipulieren ihr tägliches Frühstück auf intelligente Weise, um zusätzliche Leistungsvorteile zu erzielen.
Das kann bedeuten, dass sie vor einer Bergetappe oder an einem leichten Tag etwas anderes essen; dass sie wissen, wann es am besten ist, mehr Nährstoffe und Vitamine zu sich zu nehmen, um Krankheiten vorzubeugen; und dass sie lernen, wie sie „Nahrungsmüdigkeit“ und sensorische Sättigung vermeiden, die durch die tägliche Wiederholung langweiliger Mahlzeiten entsteht.
Hier sind einige Strategien, die Tour-Fahrer anwenden, um jeden Tag ein maßgeschneidertes Frühstück zu sich zu nehmen.
Kohlenhydrate am Morgen mischen
Tour-Profis müssen schon zum Frühstück viele Kohlenhydrate zu sich nehmen. Dabei ist es wichtig, eine große Vielfalt zu sich zu nehmen, sonst leiden sie unter „Nahrungsmüdigkeit“ oder der so genannten sensorischen Sättigung. Beliebte Optionen an den Frühstücksbuffets der Tour de France sind Müsli, Haferbrei, Reis, Brot, Quinoa, Pfannkuchen und Nudeln. Viele Fahrer versuchen auch, gedämpften Reis zum Frühstück zu essen, da dies eine leicht verdauliche Form von Kohlenhydraten ist.
Die Kohlenhydrate der Fahrer kommen aber auch in kleineren Formen vor. Ein paar einfache Zusätze wie Rosinen und Honig im Haferbrei, Bananenscheiben im Müsli oder Marmelade oder Nutella auf dem Brot können den Geschmack auffrischen, den Appetit anregen und die Kohlenhydrataufnahme insgesamt erhöhen.
Kohlenhydrat-Manipulation: Menge der Belastung anpassen
Tour-Fahrer müssen nicht nur entscheiden, welche Kohlenhydrate sie zu sich nehmen, sondern auch wie viel. Der Kohlenhydratbedarf eines Fahrers variiert je nach den Anforderungen der bevorstehenden Etappe und den zu bewältigenden Steigungen bzw. der Topographie. Flache und kürzere Etappen benötigen weniger Energie als längere oder Bergetappen. Auch die Konsistenz der Nahrung muss berücksichtigt werden. So sind z.B. über Nacht eingeweichte Haferflocken am Morgen einer Bergetappe viel leichter zu verdauen. Während Brot und Reis vor einer langen, flachen Etappe gut funktionieren.
Vorsicht Übergewicht: Nicht zu viele Kohlenhydrate essen
Bemerkenswert ist, dass Tour-Fahrer darauf achten müssen, während der Tour nicht zuzunehmen. Unerwartete Gewichtszunahme von einem halben Kilo durch übermäßigen Kohlenhydratverzehr kann in den Bergen entscheidend sein. Deshalb passen die Fahrer ihre Kohlenhydratzufuhr täglich an. An einem Ruhetag der Tour 2016 aß der vierfache Tour-de-France-Sieger Chris Froome ein kohlenhydratarmes Frühstück. Es bestand aus Avocado, pochierten Eiern und Lachs. Alles reich an muskelaufbauenden Proteinen und gesunden Fetten, aber relativ arm an Kohlenhydraten. Er tat dies, um sein optimales Renngewicht zu halten.
Ballaststoffe richtig timen
Vor einer Bergetappe nehmen die Fahrer der Tour de France oft ein ballaststoffarmes Frühstück zu sich. Der Grund: Ballaststoffe – ein wichtiger Nährstoff, der in Obst, Gemüse und Vollkornprodukten enthalten ist – verweilen länger im Darm und können dazu führen, dass sich der Fahrer schwer oder aufgebläht fühlt, wenn er bergauf fährt. Deshalb essen die Fahrer vor einer Bergetappe oft weniger Obst und Gemüse.
„Keine Ballaststoffe“ ist auf Dauer keine gesunde Strategie, da Ballaststoffe für die allgemeine Gesundheit wichtig sind. Wenn Fahrer also vor einer Bergetappe weniger Obst und Gemüse essen, ergänzen sie ihre Ballaststoffzufuhr normalerweise mit einem Obst- oder Gemüsesmoothie oder zusätzlichem Gemüse zum Abendessen. Vor dem Aufstieg kann ein ballaststoffarmes Frühstück eine gute Strategie sein, um sich leicht zu fühlen.
Die Ernährung an die Renntaktik anpassen
Neben der Anpassung des Frühstücks an die bevorstehenden Anstrengungen der Etappe passen die Fahrer ihre Frühstückswahl auch an ihre Renntaktik für den Tag an. Fahrer, die in eine Ausreißergruppe gehen wollen, müssen zu Beginn des Rennens mehr Kohlenhydrate zu sich nehmen, als Fahrer, die einen leichteren Tag planen und im Feld mitschwimmen wollen.
Bergfahrer können dagegen vor einer schweren Alpenetappe ein paar Pfannkuchen mit Schokolade und Honig zu ihrer Mahlzeit hinzufügen. Auf einer flachen und leichten Etappe hingegen könnte sich ein Domestike an Haferbrei mit langsam freisetzenden Kohlenhydraten halten, um die Energie gleichmäßig über den Tag zu verteilen.
Proteinzufuhr erhöhen
Die Tour-de-France-Fahrer müssen Eiweiß zu sich nehmen, um die Muskelfunktion zu unterstützen und beschädigte Muskeln zu reparieren. Deshalb beginnen sie den Tag oft mit einem eiweißreichen Omelett mit Schinken und Käse oder einem eiweißreichen Joghurt.
Auch pochierte Eier sind ein beliebtes Frühstück während der Tour. Smoothies aus Milch, Hafer- und Eiweißpulver sind ebenfalls eine einfache Möglichkeit, Proteine aufzunehmen, ohne große Portionen Fleisch essen zu müssen.
Nicht auf gesunde Fette verzichten
Die Fahrer neigen dazu, ein fettarmes Frühstück zu sich zu nehmen, da Fett die Verdauung verlangsamt. Fett ist jedoch ein wichtiger Nährstoff und eine gute Energiequelle. Um gesunde Fette aufzunehmen, sollten Profis daher Avocado auf Eiern, etwas Olivenöl auf Brot, Räucherlachs auf einem Bagel oder Nüsse im Joghurt essen.
Nährstoffe kennen
Wenn ein Tour-de-France-Fahrer krank wird, sinkt seine Leistung und das Rennen ist verloren. So wichtig Kohlenhydrate auch sind, die Fahrer müssen auch an ihre tägliche Vitamin- und Mineralstoffzufuhr denken. Viele Tour-Fahrer nehmen während der Tour ein Multivitaminpräparat ein. Aber sie können ihre Nährstoffbilanz auch auf natürlichem Wege erhöhen. Indem sie Beeren über ihr Müsli streuen, Erdbeeren in ihre Pfannkuchen oder Samen und Nüsse in ihren Haferbrei geben
Die Fahrer konzentrieren sich mehr auf ihre Nährstoffaufnahme beim Frühstück vor leichteren Etappen, da sie es sich leisten können, etwas mehr Obst zu essen, ohne ihre Leistung zu beeinträchtigen.
Um wichtige Vitamine und Mineralstoffe zu sich zu nehmen, eignen sich Säfte gut. So müssen nicht mehrere ganze ballaststoffreiche Früchte gegessen werden. Teamköche servieren oft frische Säfte aus Karotten und Ingwer oder eine nährstoffreiche grüne Mischung aus Spinat, Kiwi und Apfel. Auch Kirschsaft kann helfen, Muskelschmerzen zu lindern.
Einige Fahrer essen auch Rote Beete, um ihre Ausdauer und Regenerationsfähigkeit zu verbessern.
Mood Food genießen
Appetitlosigkeit und sensorische Sättigung sind ernsthafte Probleme während einer Grand Tour. Denn ohne Energiezufuhr keine Leistung. Deshalb ist es wichtig, den Fahrern ein paar Leckereien mit auf den Weg zu geben. Seien es ein paar Schoko-Bananen-Pfannkuchen oder ein Stück Bananenbrot. Eine kleine Leckerei zwischendurch hebt die Laune und sorgt dafür, dass die Fahrer die nötigen Kalorien zu sich nehmen. Die meisten Fahrer beenden ihr Frühstück mit einem Kaffee. Der pusht, hebt die Stimmung und regt die Fettverbrennung als Energielieferant an.
Jeder Fahrer hat seine eigene Mood-Food-Strategie. Der dreimalige Tour-de-France-Sieger Tadej Pogacar mag Haferbrei mit Früchten und Honig, ein Sandwich mit Erdnussbutter oder Prosciutto und ein paar Pfannkuchen. Der Tour-Champion von 2018, Geraint Thomas, bevorzugt eine Schüssel Haferbrei und ein Omelett mit drei Eiern, das er mit etwas frischem Ingwer- und Apfelsaft hinunterspült.
Snacks kurz vor dem Rennen nicht vergessen
Für die Fahrer der Tour de France ist das Frühstück nicht mit dem Verlassen des Esstisches beendet. Im Bus auf dem Weg zum Etappenstart füllen die Fahrer ihre Energiereserven meist mit einem Reiskuchen mit Frischkäse oder Honig, einem Energieriegel oder einer Banane auf. Das ist die letzte Chance, vor dem großen Renntag noch einmal richtig aufzutanken.
Text: Mark Bailey (aus dem Englischen übersetzt)