Das Feld der Sprinter wird von „pocket rocket“ Caleb Ewan angeführt. Der Australier aus dem Lotto-Soudal-Team hat sich zum Ziel gesetzt, bei jeder Grand Tour in diesem Jahr eine Etappe zu gewinnen. Um dies zu erreichen, unterstützen ihn Roger Kluge und Jasper De Buyst im Lead-out.
Doch die Konkurrenz, gegen die er sich durchsetzen muss, um eine Giro-Etappe zu gewinnen ist nicht ohne. Zwar fehlen der Gewinner des Maglia Ciclamino und vierfacher Etappensieger des Vorjahres, Arnaud Demare und Sam Bennett, der stärkste Sprinter der vergangenen Tour – aber ansonsten sind die ganz schnellen Männer am Start.
Newcomer oder Arrivierte – wer gewinnt die Sprintetappen beim Giro?
In den Sprintfinals wird es der 26 Jahre alte Australier auch mit hungrigen Konkurrenten zu tun haben, die entweder ihre erste Grand Tour überhaupt bestreiten wie der Belgier Tim Merlier (Alpecin-Fenix) und David Dekker (Jumbo Visma), der bei seinem World Tour-Debüt bei der UAE-Tour im Februar zweimal Zweiter wurde und de Punktwertung gewann; oder die Profis, die eine längere Durststrecke hinter sich haben und sich wieder einen großen Sieg holen wollen wie Elia Viviani (Cofidis) oder Fernando Gaviria (UAE Team).
Gerade der Kolumbianer Gaviria, durch zwei Corina-Infektionen gebeutelt, will an die Form früherer Tage anknüpfen, als er beim „Corsa Rosa“ seinen Durchbruch feierte. 2017 war der Giro die erste Grand Tour überhaupt, die er bestritt. Damals im Trikot von Quick-Step Floors fahrend räumte er richtig ab. Gaviria gewann vier Etappen und das Maglia Ciclamino. Auch bei der Giro-Teilnahme 2019 schoss Gaviria eine Etappe ab. 2020 musste er das Rennen zur Halbzeit ohne Sieg wegen eines positiven Corona-Tests verlassen.
An frühere Tage anknüpfen, das will auch Giacomo Nizzolo. Der 32 Jahre alte Italiener, der fürs Team Qhubeka-Assos fährt, gewann in den Jahren 2015 und 2016 die Punktwertung beim Giro d‘Italia – ohne sich überhaupt einen Etappensieg zu holen.
Das könnte dieses Mal – als amtierender Europa- und Italienischer Meister – nachholen. Zumal er bei der Clasica Ameria im Frühjahr seinen erste Saisonsieg holte und mit einen Anfahrer wie Max Walscheid einen ganz schnellen Mann als Anfahrer vor sich hat.
Ein Comeback feiert beim Giro d‘Italia der Niederländer Dylan Groenewegen. Nach Ablauf einer Sperre wegen rücksichtslosen Fahrens – nach dem schweren Rennunfall bei der Polen-Rundfahrt 2020 – kommt er „kalt“ zum Giro und muss aller Voraussicht erst einmal wieder Rennpraxis sammeln.
Auch wenn er nicht zu den typischen „endschnellen“ Sprintern zählt, so muss man Peter Sagan (Bora-hansgrohe) bei jedem Sprintfinale auf der Rechnung haben. Der dreifache Weltmeister kommt nach seiner Corona-Infektion im Frühjahr so langsam richtig in Schwung. Je einen Etappensieg feierte der 31-Jährige bei der Tour de Romandie und der Volta Catalunya.
Video: Die Top-Sprinter beim Giro d’Italia 2021
Mehr als sechs Chancen für die Sprinter beim Giro d’Italia ?
Im Roadbook sind sechs Flachetappen verzeichnet. Aber ob alle auch im Massensprint entschieden werden, ist mehr als fraglich. Denn durch das Fehlen eines Deceuninck – Quick Step-Sprinters wird ein wichtiges und starkes Team weniger Arbeit in die Nachführarbeit stecken. Zudem stellt sich die Frage, welcher Sprinter überhaupt noch zu Etappe 13 antritt. Dann geht es nämlich hoch auf den Monte Zoncolan und in Folge gibt es nur noch ein einziges „Flachstück“ bis zum Ziel in Mailand. Ausgerechnet diese Etappe ist mit 228 Kilometern die längste der diesjährige Italien-Rundfahrt und liegt im Sandwich zwischen zwei schweren Bergerappen. Sehr wahrscheinlich also, dass hier Ausreißer durchkommen, weil die Teams der GC-Fahrer kein Interesse haben werden, hinterherzufahren.
Allerdings gibt es auch gerade in der ersten Woche einige Tagesabschnitte auf welligem Terrain, wie die Etappen drei und vier, bei denen bei entsprechendem Rennverlauf die Sprinter durchaus am Ende die Nase vorn haben werden können. Caleb Ewan hat zuletzt bei Mailand-Sanremo bewiesen, wie gut er berghoch fahren kann.
Ob allerdings einer der reinen Top-Sprinter im Maglia Ciclamino den Giro beendet, ist höchst fragwürdig. Einige schnelle Männer werden den Giro früher verlassen, um sich auf die Tour vorzubereiten. Andere haben zu viel Respekt vor der brutalen Schlusswoche. Gut möglich, dass am Ende ein Klassikerjäger wie Peter Sagan oder Giacomo Nizzolo dieses Trikot des Punktbesten gewinnt.
Im Video: Eurosport-Experte Rolf Aldag über Sprinter Tim Merlier
Fotos: RCS Sport / LaPresse
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