Am 18. März starten 178 Radprofis beim ersten Monument des Jahres – Mailand-Sanremo. Die Strecke mit neuem Startort in Abbiategrasso führt über 294 Kilometer, die berühmten drei Capi sowie die finalen Anstiege Cipressa und Poggio, auf die Via Roma in Sanremo.
Keine Bilder von Rennfahrern am Dom oder aus der Innenstadt von Mailand wird es in diesem Jahr bei der 114. Austragung von „La Primavera“ zu sehen geben. Denn der Frühjahrsklassiker Mailand-Sanremo startet erstmals in seiner Geschichte in Abbiategrasso. Der Ort liegt rund 25 Kilometer westlich der Hauptstadt der Lombardei. Dies ist auch die einzige Änderung und für die Fahrer unwesentlich, denn es bleibt nach wie vor das längste Rennen in der Saison mit über 300 Kilometern – die Neutralisation eingerechnet.
Rund 30 Kilometer nach dem Start führt der Kurs die Fahrer bei Pavia zurück auf die alte und bekannte Strecke. Es folgt die flache Fahrt gen Süden durch die Po-Ebene und hoch auf den Turchino-Pass, bei Rennkilometer 144,4. Von dort führt die Strecke in Richtung Genua hinunter ans Meer.
An der Küste verläuft der Kurs westlich an Örtchen wie Varazze, Savona, Finale Ligure und Albenga der Riviera entlang über 80 Kilometer, ehe das Finale beginnt. Die drei „Capi“ – zu deutsch „Hügel“ – bilden den Auftakt, Schon hier ist Position fahren gefragt, denn das Rennen wird schnell.
Haben die Fahrer Capo Mele, Capo Cervo und Capo Berta hinter sich gelassen und Imperia erreicht, bereite sie sich auf die Cipressa vor. Weg von der Küstenstraße führt der 5,6 Kilometer lange Anstieg nut einer Steigung von 4,1 Prozent hoch auf 239 Meter. Auf einer technisch nicht ganz einfachen Abfahrt kehrt das Peloton wieder auf die SS 1 Aurelia zurück.
Nach mehreren Kilometer Fahrt am Meer biegt die Strecke wieder von der Küstenstraße ab. 9 Kilometer vor dem Ziel beginnt der Anstieg zum Poggio di Sanremo, der die Entscheidung bringen kann. Der 3,7 Kilometer lange und durchschnittlich weniger als vier Prozent steile Anstieg gehört zu den Bekanntesten im Radsport, weil er meist die Entscheidung in diesem Monument erzwingt.
Auf einer schmalen Straße mit einigen Haarnadelkurven geht es hoch, ehe die Abfahrt hinunter Richtung Sanremo beginnt. In Serpentinen schlängelt sie sich bergab. Die finalen zwei Kilometer verlaufen flach, über eine Linkskurve erreichen die Profis die rund 750 Meter lange Zielgerade auf der Via Roma. Fine!
Die Strecke von Mailand-Sanremo
Das Höhenprofil von Mailand-Sanremo
Die Favoriten bei Mailand-Sanremo 2023
In der Vergangenheit hat sich herausgestellt, dass die Sprinter (fast) keine Chance mehr haben, in Sanremo zu jubeln. Zu schwer wird das Rennen am Poggio gemacht beziehungsweise es fehlen auf den letzten Kilometern die eigenen Teamkollegen als Helfer, um etwaige Löcher zu zufahren. Aber Mailand-Sanremo überrascht Jahr für Jahr – man wird sehen…
Der Sieg wird wohl über Tadej Pogačar (UAE Team Emirates) „gehen“. Entweder dem Slowenem gelingt sein vierter Triumph bei einem Monument, oder aber er erzwingt eine Vorentscheidung und biegt in der Gruppe des späteren Siegers auf die Via Roma. Dass er auch da nicht chancenlos ist gegen Fahrer wie Wout van Aert (Jumbo-Visma) und Mathieu van der Poel (Alpecin-Deceuninck), hat er in der Vergangenheit schon bewiesen. Und: Ein Sprint nach 300 Kilometern ist etwas anderes, als diesen ausgeruht nach einem vierstündigen „ruhigen“ Radrennen anzugehen.
Sein Team sowie auch andere Mannschaften ohne Sprinter, werden bereits an der Cipressa versuchen, die endschnellen Männer abzuhängen, um dann schon in den unteren scharfen Kurven des Poggio mit voller „Kraft“ reinzufahren. So kann der zweifache Tour-Sieger „Pogi“ früh attackieren und seine Power bis ganz nach oben ausspielen.
Nach seinem Auftritt bei Paris-Nizza wird man gespannt sein, wer dann überhaupt folgen kann. Aus der Ferne betrachtet scheint dies Wout van Aert zu sein und wenn der Wind günstig steht, könnten Mathieu van der Poel & Co. ranrobben. Oder Pogi „schlägt“ sich selbst, wenn er nicht seinen besten Tag hat. Dann kann er das Renngeschehen auch lähmen, da alle auf ihn schauen und ein vermeintlicher Außenseiter die Chance ergreift und sich wegstiehlt, wie Jasper Stuyven 2021, oder auf der Abfahrt attackiert wie im vergangenen Jahr Matej Mohorič.
Aus solch einer Situation mit einem nicht in Top-Form fahrenden Pogačar könnten auch die bergfesteren Sprinter wie Arnaud De Lie, Caleb Ewan (beide Lotto Dstny) und natürlich Jasper Philipsen (Alpecin-Deceuninck) profitieren. Vorausgesetzt sie haben noch einen oder mehr Teamkollegen an ihrer Seite.
Oder wagt ein in Top-Form fahrender Pogačar die unmöglich erscheinende Attacke an der Cipressa und tritt mit über 500 Watt nach der Abfahrt das Flachstück zum Anstieg des Poggio, um nicht eingeholt zu werden. Ein Szenario, wenn auch ein unwahrscheinliches. Wenn schon werden eher „Tretviecher“ wie Pippo Ganno (Ineos-Grenadier) oder Yves Lampaert (Soudal – Quick Step) ihr Heil in der Flucht gegen Team UAE Emirates und Jumbo-Visma suchen.
Fotos: Photonews.de
Grafiken: RCS Sport
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